Ich streike!

So langsam zeigen sich die ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen und damit wird alle Jahre wieder und in vielen Haushalten eine neue/ farbenfrohe/ frische Ära eingeläutet: Nach dem obligatorischen Frühjahrsputz entschlüpft man voller Tatendrang dem verblassten Winterkleidungskokon, wirft die grau-braun-beigen Schneestampfer in die hinterste Schrankecke und erfreut sich auf ein Neues an der lebensbejahenden Kleiderauswahl - T-Shirts, Tops, Hemden, Blusen, Jacken, Blazer, Westen, etc., dazu Röcke, Hosen aller erdenklichen Längen und auch die Füße kommen dank Sandalen und leichten Sneakern wieder mehr an die Luft. Also zumindest bei mir stelle ich fest, dass meine Sommergarderobe deutlich vielseitiger ausfällt als meine an der Hand abzählbare einfarbige (tarnfarbene) Pulloverauswahl. Von meiner dunkelblauen Lieblingsjeans (Sommer wie Winter) muss ich da gar nicht erst anfangen, die geb ich erst wieder her, wenn sie unreparierbar geworden ist...   

An sich alles überschaubar. Trotzdem: Würde man alles Stoffliche auf einen Haufen legen, der Haufen würde einen ganz schön umhauen. Warum hatte ich die schick-gemusterte Strickjacke so lange nicht mehr an? Ah, stimmt, der Ärmel war ja gerissen... könnte man ja mal wieder zusammennähen *räusper* oder wegtun. Aber eigentlich gefällt sie mir. Zu gut. Na dann sogleich zurück in den Schrank, Glück gehabt. Aber wenn ich dich das nächste Mal so untragbar sehe, dann bist du dran! Und so sammeln sich in unserer Garderobe unter anderem auch 
Klamotten,
                 - die wir irgendwann mal flicken wollten,    
- die uns an die gute alte Zeit/ die Ex-Freunde/ die Abifeier erinnern,
- die zu der Person passen, als die wir uns gerne gesehen hätten 
(aber wir nunmal zu feige waren, die knallviolette Bluse mit der Chinohose zu kombinieren),
oder:
- die einfach nicht mit uns mitgewachsen sind.

Dass Kleiderschrankanalysen sehr hilfreich sein können, ungetragene Platzfresser zu entlarven: -wunderbar! Zwei Schwierigkeiten dabei:

a) wohin mit den noch gut erhaltenen Sachen?
b) wie wird meine Garderobe zukunftstauglich? 

Große Fragen, umfangreiche Antworten. Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass die Mehrheit unserer Kleidung unter fragwürdigen Umständen gefertigt wird, scheint weggeworfene Kleidung als eine unglaubliche Verschwendung, genauso die schiere Masse an bunten Stoffhüllen, die uns in den Stadtzentren erwarten.  Ein Riesenfass, ich weiß. 

Näher auf einem Markt in Phnom Penh, Kambodscha


Ein wahnsinnig gut getroffener Film, den ich jedem ans Herz legen möchte, ist The True Cost von Andrew Morgan. Der amerikanische Dokumentarfilm machte 2015 die Runde durch sämtliche Kinos, mittlerweile ist er auf allen großen Streamingportalen abrufbar. Für das Uniradio Schalltwerk on Galaxy in Bayreuth habe ich den Film letztes Jahr schon unter die Lupe genommen - falls jemand für einen akustischen Eindruck zu haben ist:



Eine Schockstarre ist angesichts der Tatsachen aber auch alles andere als dienlich. Besser: Eine Klamottenkur. Jährlich ausgerufen von der Kampagne Modeprotest kann man sich in der Zeit zwischen Karneval und Ostern einer Kleiderdiät widmen. Fünfzig Kleidungsstücke, sieben Wochen, motivierte und motivierende Teilnehmer im ganzen deutschsprachigen Raum. Eine super Sache, wie ich finde! Später komme ich nochmal auf die zwei großen Fragen zurück, lasse das alles aber erstmal hier so stehen.


In Nicht-Konsum-Laune,
Neary







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